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Show Racism the Red Card

Platzverweis für Rassismus

Vorurteile gegen Menschen, die anders aussehen, anders denken oder anders lieben, spielen leider auch im Fußball eine Rolle – sowohl auf den Rängen als auch auf dem Rasen. Gleichzeitig ist die Faszination am Sport eine gute Möglichkeit, um Ausgrenzung jeder Art entgegenzuwirken, und genau diese Chance nutzt der Verein Show Racism The Red Card - Deutschland e.V. Die Zielgruppe der engagierten jungen Leute sind Kinder und Jugendliche zwischen neun und vierzehn Jahren, ihre Partner sind Bundesliga-Vereine, ihre Methode ist das Rollenspiel. Eine Rechnung, die zunehmend aufgeht.


„Was wir machen, ist absolute Frühprävention“, erklärt Andreas Hellstab, Geschäftsführer des Vereins. „Die Schülerinnen und Schüler, mit denen wir arbeiten, sind im allgemeinen noch zu jung, um schon explizit rechtsextreme Einstellungen zu haben. Aber man spürt hier und da bereits Vorurteile, mit denen sie herkommen, und wir schauen dann gemeinsam, wie man die Dinge anders betrachten kann.“ Denn genau darum geht es in den Workshops, die der Verein zusammen mit Partnervereinen aus der 1. und 2. Bundesliga, der Bundesliga und  Fußballmannschaften wie dem FC Bundestag anbietet.
Die Idee, Jugend- und Kinderbildungsarbeit mit dem Thema Rassismus und dem Ort Fußballstadion zu verbinden, stammt aus Großbritannien. Im Rahmen seines Studiums dort lernte Hellstab das seit 1996 bestehende Projekt kennen, dessen Namen „Show Racism the Red Card“ seine Initiative heute ebenfalls trägt – mit dem Zusatz „Deutschland“. Hellstab: „Ich wollte dieses Konzept unbedingt hierher bringen und habe im damals noch studentischen Umfeld Leute gefunden, die das mit aufbauen wollten.“ Schnell bildete sich ein Netzwerk von Interessierten, schließlich folgte die Vereinsgründung. „Der erste Verein, mit dem wir dann unser erstes Projekt gestartet haben, war im Juni 2010 der 1. FSV Mainz 05.“


Die Herausforderung war nun, weitere Partner-Vereine zu finden – und das Konzept der roten Karte gegen Rassismus passte gut zur Fanarbeit und den Schulprojekten, die viele Fußballvereine quer durch die Ligen ohnehin auf ihrer Agenda hatten. Die Liste der Partner wuchs daher schnell: Heute sind es bereits über 20 Clubs quer durch die Bundesrepublik, mit denen Hellstab und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter kooperieren, darunter der FC Bayern München, Eintracht Frankfurt oder der 1. FC Köln. „Das Angebot für unsere Workshops richten wir direkt über die Schulkontakte der Vereine an die jeweiligen Klassen“, so der Geschäftsführer.


Was die Schülerinnen und Schüler erwartet, die sich zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern auf den Weg in „ihr“ regionales Stadion machen, beginnt mit Selbsterfahrung und endet mit einer Real-Life-Begegnung mit einem lokalen Kicker – und Kickerin. „Wir haben inzwischen auch Kontakte zum Frauen-Fußball, und daraus ergeben sich tolle Impulse gerade auch für Mädchen.“ Das Geschlechter-Thema ist tatsächlich eines, das am Anfang der Workshops eine Rolle spielt. Die beginnen nämlich stets mit der Frage, was Ausgrenzung und Vorurteile für jeden und jede einzeln bedeutet und wo man in seinem eigenen Alltag schon einmal damit konfrontiert war. „Rassismus ist dabei nur eines von vielen Themen. Die Kinder und Jugendliche kommen mit allem, was sie damit verbinden, und Mädchen oft dem Vorurteil ausgesetzt sind, sie könnten nicht Fußball spielen.“


Bei dieser und bei anderen eigenen Erfahrung setzen die Workshop-Leiterinnen und -Leiter an – und lassen die jungen Fans dann auf der Basis von Video-Ausschnitten zum Thema Vorurteile aus der Fußballwelt Rollenspiele entwickeln. „Das besondere an unserem Angebot ist ja nicht nur, dass wir tatsächlich ins lokale Stadion gehen, sondern dass das Ganze in den echten Presseräumen stattfindet“, beschreibt Hellstab die Situation vor Ort. Hier stellen die kleinen Gruppen ihren Mitschülerinnen und Mitschülern vor, wie sie in der zuvor gemeinsam gesehenen Szene handeln würde – und zwar jenseits von Vorurteilen und dummen Sprüchen über „die Moslems“, „schwule Pässe“ oder „blöde Mädchen“. Und wie im echten Fußball-Leben wird im Anschluss darüber gesprochen – wie in einer richtigen Pressekonferenz.


Das gemeinsame Nachdenken über ein schwieriges Thema an einem Ort, der für Spaß, Fantum und Sport steht, „bringt einen spielerischen Aspekt ins Spiel“, so Hellstab. Und der gipfelt am Ende in einem weiteren Highlight: „Die Kinder und Jugendlichen treffen auf einen lokalen Fußballspieler oder eine Fußballspielerin und erzählen ihm oder ihr, was sie gemeinsam erlebt und erarbeitet haben.“ Die ganz großen Stars der Szene sind dafür aus Termingründen nicht immer zu bekommen. Aber viele von ihnen wie Jérôme Boateng, Viola Odebrecht oder Mirko Slomka engagieren sich als „Unsere Elf gegen Rassismus“ in der vom Verein initiierten Plakataktion „Zeig Rassismus die rote Karte“– ein weiteres klares Signal für Toleranz und gegen Diskriminierung.
Und ist auch für die Kinder und Jugendlichen nach dem Spiel vor dem Spiel? Hellstab: „Die Stunden im Stadion geben Impulse, die in den Schulen danach oft aufgegriffen werden im Unterricht.“ Nachhaltigkeit stellt sich auch über den Kontakt zu Lehrerinnen und Lehrern her – wer einmal mit einer Klasse teilgenommen hat, kommt oft mit der nächsten Gruppe von Schülerinnen und Schülern wieder. So weitet sich nicht nur das Netzwerk aus, sondern auch die Zahl an Workshops pro Jahr. „Unser Angebot spricht sich immer mehr herum. Und so langsam wird es schwierig, sowohl die organisatorische Arbeit in Berlin als auch die Durchführung der Projekte vor Ort allein mit ehrenamtlicher Arbeit und aus Projektfördermitteln zu stemmen“, gibt Hellstab zu. Rund 30 überwiegend junge Leute sind bundesweit im Einsatz – nur für die reine Zeit des Workshops bekommen sie eine Aufwandsentschädigung.


Zu den Wünschen für die Zukunft gehört daher nicht zuletzt eine stabile Finanzierung – und es sind auch bereits neue Projekte angedacht. „Wir haben gemeinsam mit einer Reihe von Top-Fußballerinnen und -Fußballern eine Dokumentation zum Thema Vorurteile gemacht und möchten mit diesem Film auch direkt in die Schulen gehen und dort mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten“, erzählt Hellstab. Neue Themen sollen dabei integriert werden wie zum Beispiel Homophobie im Fußball, und auch das schon erwähnte Feld von Mädchen und Frauen im Ballsport soll eine stärkere Rolle spielen. Aktuell bleiben und neue Formate anbieten – das erfordert beständige Weiterbildung auch für die, die schon lange dabei sind. „Wer bei uns mitmachen möchte“, so Hellstab, „hospitiert bei einem Workshop und nimmt dann an einer kurzen Ausbildung in der Region teil. Und einmal im Jahr bilden wir uns alle gemeinsam weiter.“ Denn Vorurteile bilden sich immer neu – und es bleibt viel zu tun, um auch Ausgrenzungsversuchen jeder Art auch in Zukunft einen Platzverweis zu erteilen.


14. April 2014


Foto: © Show Racism the Red Card